Alkohol

Alkohol.
Also gut, dann Alkohol.
Wird wohl Zeit das ich das Thema Mal anschneide. Warum auch nicht, schließlich ist nichts einfacher als sich selbst ehrlich zu sein. Sich zu zugestehen damit ein Problem zu haben.
Also gut, hier ist mein Geständnis.
Ich habe …
Obwohl gestern hab ich nichts getrunken, keinen Tropfen. Muss aber auch ehrlich sein, Freitag war ich derart Blau das ich mich beim besten Willen nicht daran erinnern kann, wann ich nach Hause gekommen bin. Wie ins Bett gefallen.
Egal, ausziehen musste ich mich so und so wieder einmal alleine. Wie immer. Da macht es dann schließlich auch nicht die Welt wenn man ab und an Besoffen ist.
Ab und an.
Dermaßen Besoffen nur vom Bier, nichts anderes hast du getrunken, alter Profi. Dermaßen Betrunken das ich nur noch weiß, wir waren bei einem Freund. Freunde, meine Wenigkeit und …. Noch wer? Hab ich gespielt? Ich denke nicht.
Also noch einmal.
So schwer ist das nun wirklich nicht.
Ich habe ein Problem …
Samstag. Mann, was soll’s. Samstag hab ich frei, die Kids waren ausnahmsweise nicht bei mir (der Strand in Kroatien lockte diesmal mehr) und der Rausch vom Vortag reichte noch locker. Wenigstens bis zehn.
Danach musste ich raus. Nicht etwa weil mir die Luft in der Bude zu stickig war, der Sonnenschein zu sehr lockte, die Berge, die Wälder. Frauen. Eine Frau.
Nein. Vielmehr stand ich vor dem Spiegel und bewunderte meine rotgeränderten Augen, den Dreck dahinter, die Wut die in mir kochte. Diesen kleinen Besoffenen Wicht, diesen Vollidioten der vor dem Spiegel steht und sich eigentlich nicht auf die Straße traut. Aus Angst vor Entdeckung. Aus Angst vor der Wahrheit.
Was soll’s, denk ich mir. So schlimm ist es doch überhaupt nicht. Ich klatsch mir ne Überdosis Zahnpaste auf die Bürste und bilde mir ein, danach etwas frischer zu wirken. Eine Schaufel Eiskaltes Wasser ins Gesicht. Irgendein Scheiß Parfüm. Eher Deo.
Den Kamm durch die Haare gewurschtelt. Mann, merkt schon keiner.
Für was? Für eine paar beschissene Bier und eine Flasche Wein.
Für nichts. Für Dreck. Für so einen Vollidioten wie mich.
Sag’s schon, komm, sag’s schon.
Ich … ich habe ein Problem mit ….
Rein in die Klamotten, die Welt dreht sich noch immer, ihr Schwerpunkt scheint sich genau unter mir zu befinden, du kneifst die Augen zu. Geht schon wieder.
Ich lache mich selbst im Spiegel aus obwohl ich schon nicht mehr davor stehe. Ich lache mich schief. Rede mir ein es sei egal. Schließlich sei doch Samstag und du bist alleine zu Hause. Was soll’s also. Mach dir einen schönen Tag und schalte Mal ab. Auch das hast du verdient.
Der Tag wird verschwommen, das merk ich schon als ich in die Schuhe schlüpfe und die Tür hinter mir zuknalle. Ich Atme tief durch. Keiner merkt wie du Scheiße drauf bist.
Am Kien ertaste ich einen neuen Pickel.
Scheiße.
Ich stolpere hastig die Treppen runter, purzle durch die Finsternis in mir und wurzle plötzlich im gleißenden Sonnenlicht. Der Verkehr donnert vorbei. Kinder lachen. Alles ist zu laut.
Ich schieb mir die Hände in die Short und versuche eine gerade Spur zu hinterlassen, so zu tun als sei ich Nüchtern. Als wäre alles Okay.
Keiner Glotzt mich irgendwie an. Irgendwie verdächtig oder so.
Die Salzach gurgelt plötzlich unter mir, irgendwer sagt: „Hallo Schi“
„Hey“ sag ich und kenn sie nicht.
Ich latsch über eine Wiese, danach über den kleinen Parkplatz und fühle mich gut. Kein Stress. Alles Okay. Keiner merkt etwas.
Außer mir. Nur ich merke langsam was los ist.
Ich habe ein Problem mit Alkohol.
Aber nicht heute. Heute ist Samstag, die Kids sind nicht hier, bin wieder Mal alleine. Heute ist Samstag und du machst dir einen schönen Tag.
Ich nehme vier Bier aus dem verschweißten Karton. Ab zwei Dosen zahl ich also für eine nur fünfundfünfzig Cent das Stück. Vier Dosen Bier und ne Flasche Wein um zwei … zehn oder so um den Dreh.
Passt, das ist gut.
Ich steh an der Kasse, wie üblich ist der Kassenzettel bei dem Kunden vor mir zu Ende und muss gewechselt werden. Die Bild schreit über achtzigtausend Tote in China … Tausende in Burma und die Welt weigert sich beharrlich, Kriegsschiffe vor der Küste aufzufahren. Um Hilfe zu erzwingen.
„Hallo?“
Ach ja, merkt doch niemand.
Ich sag auch Hallo.
„Vier sechzig“
Ich kram im Kleingeldfach meiner Geldtasche rum, nach Scheinen brauch ich überhaupt nicht erst zu suchen. Dazu ist das Monat schon zu alt. Das war’s schon, als es eigentlich noch jung war. Was für eine beschissene Dekade. Erst gibt der Kühlschrank seinen Geist auf als hätte er es Gewusst. Als hätte er Gewusst das sie mir drohen den Strom abzudrehen, als wäre er sich dessen Bewusst gewesen dass er Überflüssig sei dieses Monat. Schon verdammt hart ihn zu füllen.
Theoretisch müsste ich auch auf die heutige Party verzichten, ich sollte mir Brot kaufen und Milch und etwas Wurst und Sugo und Nudeln und ich Scheiß drauf. Ich Scheiß einfach drauf.
Was soll’s.
Wenns um die Vernunft geht, tja, wie’s aussieht hat die bei mir irgendwer abgedreht, irgend einen Schalter umgelegt. Ich denk da anders. Nämlich überhaupt nicht. Irgendwie donnert durch meinen Organismus ein Freiheitsgedrängtes Blut oder so. Wahrscheinlich zu wenig Sauerstoff darin um dem Patzen Zellansamlung in meinem Oberstübchen brauchbare Nahrung zu liefern. Jedenfalls hab ich das Gefühl, die Firma Vernunft ist in Konkurs. Schon eine ganze Weile. Schon verdammt lange. Seit Jahren hab ich das Gefühl zu wenig Sauerstoff zu bekommen, an irgendwas zu ersticken. Selten Tage an denen ich frei Atmen kann und der Zehntonner die Güte besitzt, endlich mal von meiner Brust zu Rollen.
„Shit“ sag ich. „Hab wohl zu wenig Geld bei“ sag ich auch. Ist mir aber egal.
„Hmmm … macht nix.“
Ich las ein Bier hier, dann passt schon.
Scheiß auf Spaghetti, kann das Zeug so und so nicht mehr sehen. Ich mach mir heut einen schönen Tag, und damit Pasta. Esse ich eben nichts, was soll’s. Scheiß drauf. Vielleicht klappt’s ja mit dem schreiben, denk ich aber nicht.
Also vier fünfundzwanzig.
Cool. Bleibt genau ein Cent. Einer!
Ich bin auch ein Idiot, was nehm ich mir nicht eine Tasche mit, dann könnt ich mir die Ausgabe für den verdammten Plastiksack auch sparen. Scheiß drauf, echt.
Ich kann die Stecknadelgröße meiner Pupillen regelrecht spüren, der Druck am Rand der Augen der dich bei jeder Bewegung daran erinnert wie besoffen du noch bist. Der dir klarmacht wie tief du dem Alkohol verfallen bist. Sinnlos es abzustreiten.
Zuhause werde ich mir die erste Dose aufreißen, die Musik auf volle Dröhnung stellen und mir einreden es sei ein schöner Tag. Dabei werde ich schreiben. Tausend mal dasselbe. Ich werde schreiben: Ich habe ein Problem mit Alkohol.

User Status

Du bist nicht angemeldet.

Suche

 

Aktuelle Beiträge

Am meisten jammern doch...
Am meisten jammern doch immer die, deren Leben völlig...
BeastPrincess - 16. Dez, 18:04
Behauptungen
Manche Leute behaupten, es wäre Stress wenn man nach...
chris0101 - 16. Dez, 18:01
Entspannung
Das Wasser in dem ich versuche mich zu ertränken ist...
chris0101 - 22. Okt, 22:13
everybody ...
When the day is long and the night, the night is...
chris0101 - 29. Sep, 22:35

Neues aus der Literaturwelt

Zuletzt gelesen:


Chuck Palahniuk
Fight Club


Irvine Welsh
Trainspotting


christoph ransmayr
Die letzte Welt


Jack Kerouac
Unterwegs

Status

Online seit 6090 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 16. Dez, 18:04

was los hier:


Gedanken
Gedichte
Monat für Monat
Musik
Short Storys
Sonstiges
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren